Donnerstag, 23. September 2010 08:39
Worum geht’s in eurem Buch?
Holger:
Wir haben versucht die Szene von den frühen 80ern bis zur Gegenwart
darzustellen. Es geht los mit den Vorbildern wie z.B. Venom und weiter
bis zur heutigen Ruhrpott-Szene. Zwischendurch gibt es Portraits von
Festivals, Plattenläden und dem, was diese Musik so ausmacht. Christian
hat sich mehr mit den 80ern beschäftigt, ich mit der Zeit ab Mitte der
90er Jahre. Das haben wir aber nicht gekennzeichnet und das ist
vielleicht auch ein bisschen das spannende in dem Buch. Außerdem sind
noch Gastbeiträge darin, wie z.B. von Peter Burtz, der damals
Chefredakteur des Metal Hammer war.
Kanntet ihr euch eigentlich vorher schon aus oder musstet ihr Euch erst selbst in die Materie einarbeiten?
Christian:
Als wir unser erstes Vorwissen zusammen schmissen, wussten wir schon,
welches die ersten wichtigen Leute sind, die wir ansprechen müssen. Auf
der anderen Seite hatten wir nach jedem Interview fünf weitere Leute,
die wir hätten interviewen können (lachend).
Holger:
Unser Vorteil war auch, dass wir beide Historiker sind. Das schlägt
sich in der Struktur wieder. Wir haben zum einen eine chronologische
Ordnung, zum anderen versuchen wir innerhalb dieser Chronologie
bestimmte Phänomene raus zugreifen.
Was war denn euer erster Gedanke, wie ihr an das Projekt angeht.
Holger:
Die Idee entstand im Sommer 2008. Ich bin selbst erst spät etwa 1996 in
die Szene gekommen und hab dann nach und nach die ganzen Bands aus dem
Ruhrgebiet für mich entdeckt Daraus ergab sich die Frage: wieso kommen
sie ausgerechnet alle hierher? Das war der Auslöser für das Buch. Es
war klar, dass sich die Recherchen nicht alleine bewältigen lassen.
Christian, der schon länger in der Szene ist, kam dann als zweiter
Autor hinzu.
Christian: Ich höre schon seit
Beginn der 90er Metal und als der Holger angefangen hat, Metal zu
hören, hab ich eher schon wieder aufgehört. Ich hab dann nur noch meine
Favoriten wie Blind Guardian, Iron Maiden oder Dream Theater weiter
verfolgt und bin dann durch die Anfrage wieder richtig reingekommen.
Ich hab mir dann erst mal ganz viele Platten neu gekauft, z.B. Rage und
Grave Digger. Ich hab so viel tolle Musik aus dem Ruhrgebiet wieder
entdeckt, das ist echt klasse. Zum einen Thrash-Metal der Marke Sodom
oder Kreator, aber auch progressive Sachen wie Rage mit Orchester oder
Mekong Delta. Oder Power Metal wie ihn Grave Digger spielen. Das war
ein bisschen wie Alice im Wunderland.
Holger: Ich wusste, dass beim Verlag
Henselowsky Boschmann
ein Metal-Fan arbeitet. Er war von der Idee sofort begeistert, nach dem
Motto "Egal wie, fangt an!“ Er hat uns einen großen Vertrauensvorschuss
gegeben, wir hatten ja noch nicht eine einzige Zeile geschrieben. Ein
riesen Glück für uns.
Dann könnte man sich also vorstellen, dass alles fast automatisch von einem zum anderen kam?
Holger: Ja
und nein. Relativ schwierig waren die unterschiedlichen Aussagen der
Leute, die wir interviewt haben. Zum Beispiel wann und warum ein
Musiker aus einer Band ausgestiegen ist. Da gehen die Erinnerungen dann
oft weit auseinander (schmunzelnd).
Christian: Das
war dann im Prinzip genau das, was wir in unseren Berufen als
Historiker auch sonst machen. Wir müssen Aussagen miteinander
vergleichen und die Ereignisse rekonstruieren. Unser Anspruch war es ja
nicht, Konflikte wieder aufzuwärmen. Deshalb haben wir zum Beispiel ein
neutrales Kapitel zu dem Thema "Besetzungswechsel“ geschrieben, um
diese zu beleuchten. Mir persönlich ist das relativ egal, wer nun warum
sauer auf wen war. Unsere Aufgabe war es zum Glück nicht, zu
entscheiden, wer nun Recht hatte.
Wo war denn Grenze, bei der Bandbreite an Bands? Axel Rudi Pell hat ja auch deutliche Hardrockanleihen...
Christian: Bei
Axel Rudi Pell mussten wir zum Beispiel länger überlegen oder auch bei
Axxis. Aber sie sind definitiv Teil der Metal-Szene. Wir wollten ein
Buch schreiben, in dem sich jeder wieder findet, der zur Geschichte des
Metal im Ruhrgebiet beigetragen hat. Durch Axel Rudi Pell ist letztlich
auch das erste Metal-Label im Ruhrpott entstanden. Das war Earthshaker
Records: Axel Thubeauville besaß den Plattenladen Insider in Essen.
Dort gingen alle hin, egal ob Mille von Kreator und die Leute von Grave
Digger. Pell war wohl irgendwann da, spielte sein Demo vor und
erklärte, dass keiner seine Musik haben wollte. Thubeauville bot ihm
daraufhin einen Vertrag an, so entstand das erste Metal-Label im
Ruhrgebiet.
Holger: Axxis hingegen kamen
sofort bei einem Major unter und waren mit ihrem Debüt wahnsinnig
erfolgreich. Über diesen Erfolg wurden sie dann erst in der Metal-Szene
bekannt.
Ihr seid ja auch unglaublich viel auf Lesungen unterwegs und habt dazu auch noch Bands eingeladen. Wie läuft das?
Christian:
Wir verfolgen das Konzept, das wir zu den Lesungen ein paar
Ruhrpott-Metal-Größen einladen, die wir interviewt haben. Am 02.
Oktober stellen wir das Buch offiziell in der Diskothek
Helvete in Oberhausen vor. Am 22. Oktober findet eine Lesung in Mülheim statt, bei der die Band
Layment einen Akustikset spielt.
Weitere Infos gibt es unter: www.myspace.com/metalimruhrpott
Teaserfoto: Jörg Litges / www.lautundinfarbe.de